2 Jahre Rohkost. Mein Erfahrungsbericht
Ich war gute 2 Jahre Rohköstlerin, von 2013/2014 bis zu meiner Schwangerschaft in 2016. Das heißt, ich habe zu 85-95% nur Speisen gegessen, die nicht über 42 Grad Celsius erhitzt wurden. Was ist das für ein Lifestyle fragst du dich vielleicht? Google mal raw vegan food und du stolperst in eine ganze Bewegung rein.
Wie aber kam es dazu? Ich bin seit 1995 Vegetarierin und mich hat das ganze Thema Ernährung irgendwie schon immer interessiert. Mit der Krebserkrankung meines Vaters ging's aber erst richtig los. Ich habe nach Lösungen gesucht, wie die Ernährung der Körper nähren und heilen kann. Denn eigentlich wissen wir alle: das, was wir da ständig in uns reinschieben - Chips, Pizza, Nudeln, Gummibärchen, überzuckerte Joghurts - kann nicht gesund sein. Dank der Werbeindustrie wird es uns nur suggeriert. Die Frühstücksflocken und -cerealien, die uns fit für den Tag machen, reich an Getreide und Vitaminen sind, naja eher sein sollen. In Wahrheit ist das Zeug überzuckert und überhaupt nicht gesund. Und ich glaube, so langsam haben es doch viele kapiert. Aber wenn ich daran denke, was ich in den 80/90er Jahren morgens an Mist gegessen habe. Wir alle, im Glauben, dass es nicht schädlich ist. Die Erkenntnis von heute ist der Fehler von morgen, wie mein Mann so gerne immer sagt. Und so ist es tatsächlich. Aber zurück zu meiner Recherche. Ich habe viel Literatur gelesen, in einer Zeit, in der ich mich eh noch viel in Bibliotheken aufgehalten habe, da ich meine Doktorarbeit geschrieben habe (etliche Jahre nach meinem Magister, aber es war mir ein Herzensthema), so dass ich in der Deutschen Nationalbibliothek an alles ran kam, was ich mir nur wünschte zu wissen. Je tiefer ich in die Materie einstieg, desto klarer wurde mir, dass ich eine vegane Rohkost ausprobieren will. Ich kaufte mir also ein paar Kochbücher, und zu der Zeit - 2012/2013 - gab es kaum was dazu. Instagram war noch in weiter Ferne, genauso wie alle Food Blogger. Judita Wignall aus den USA hatte zu der Zeit jedoch zwei fantastische Bücher rausgebracht, die ich verschlang und alles nach"kochte".
In der Rohkost wird also nichts über 42°C erhitzt, nichts durch Pasteurisierung haltbar gemacht oder sonst weiter verarbeitet. Alles wird so natürlich wie möglich belassen, so dass der Nährstoffgehalt so hoch wie möglich bleibt. Vitamine und Enzyme sind sehr hitzeempfindlich und sollen durch Kochen nicht zerstört werden. Die Kraft der Pflanze und alles, was in ihr steckt, soll also komplett zur Verfügung stehen und den Körper nähren. Was also isst man? Ganz viel Obst, Gemüse, Nüsse, Samen, Algen, Getreide.
Ich habe meine Mahlzeiten meist recht einfach gehalten und mir tolle Salate im Büro zum Mittagessen gemacht. Das waren immer sehr große Salatschüsseln (normalerweise für mehrere Personen große Schüsseln), die ich voller Freude bis aufs letzte Salatblatt ausgekratzt habe. Die Kollegen haben immer gestaunt. Und auch wenn ich diese riesengroßen Schüsseln weggeputzt habe, ich hätte danach joggen gehen können. Warum? Weil die Rohkost so leicht verdaulich ist und dadurch nicht schwer im Magen liegt. Ich habe diesen side effect immer extrem genossen. Andere mussten sich nach ihren Mahlzeiten immer einen Kaffee holen oder sind in ihr Mittagstief verfallen, ich hätte Bäume ausreißen können. Am Wochenende wurde es aber immer etwas aufwendiger. Ich habe einen großen Dörrautomaten zu Hause, mit dem ich tolle Gourmet-Rohkost gezaubert habe. Und tolle Rohkost-Kuchen. Mhhhhmmmmm......Aber eigentlich braucht man nur einen leistungsstarken Mixer und eine Küchenmaschine. Der Dörrautomat oder auch ein Entsafter sind second step.
Das tolle an der Rohkost ist das hohe Energieniveau, das wir dadurch erhalten. Denn die Fülle von Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen, Ballaststoffen und vielem mehr nährt unseren Körper, schenkt mehr Energie, macht den Körper basisch, hydriert den Körper, so dass die Verdauung besser funktioniert und das Immunsystem gestärkt wird (im Darm liegt der Großteil des Immunsystems!).
Und ich kann euch sagen: genauso ist es! Ich hatte so viel Energie und brauchte dagegen so wenig Schlaf. Und ich hatte einen tiefen, schwarzen Schlaf. Einfach Schalter aus und geschlafen. Ich bin morgens um 6.30 aufgestanden, habe 45 min Freeletics gemacht, bin ins Büro gefahren, bis 18 Uhr gearbeitet, dann in die Bibliothek bis 22 Uhr, danach heim, einen kleinen Salat gemacht und um 0.30 irgendwann ins Bett. Und das über Monate hin. Es war so toll. Und meine Haut war in dieser Zeit auch so schön prall und jugendlich. Ok, ich war zu der Zeit noch jünger, aber dennoch habe ich einen Unterschied zu vorher bemerkt. Tägliche Smoothies neben den Salaten hatten also ihren Effekt. Ach und meine Konzentrationsfähigkeit war ebenso gestiegen. Viele Menschen klagen ja unter brain fog - ich war zu der Zeit so klar wie nie. Das merkte ich auch an meinem Schlaf.
Einmal die Woche gab's einen Cheat-Day. Freitags. Bei unserem Stamm-Italiener im Ort. Aber das Verlangen danach hatte eher eine soziale Komponente, denn mein Mann und ich haben dort immer das Wochenende eingeläutet.
Seitdem Charlotte auf der Welt ist und sich die Kocherei mehr auf Gerichte fokussiert hat, die sie auch mitessen kann und will, ist die Rohkost etwas in den Hintergrund gerückt. Zumal ich auch nicht zwei unterschiedliche Sachen kochen möchte, dafür verbringe ich lieber die Zeit mit dem Kind als stundenlang in der Küche zu stehen. Aber: immer wenn es Salat gibt, isst sie ihn mit Vergnügen mit. Dh. der Anteil an Rohkost wird zwangsläufig bei den Hauptmahlzeiten wieder steigen. Und da freue ich mich schon drauf. Die "Pause" war jetzt auch lang genug und ich möchte das Energieniveau von damals auch wieder haben.